Ich erlebe es in letzter Zeit in meinem Freundeskreis, aber auch bei meiner Arbeit immer mehr: Die Pandemie hat viele Menschen dazu gebracht, noch einmal neu über ihr Leben nachzudenken. Vielen stellt sich jetzt die Frage:
Mache ich eigentlich das, was ich wirklich machen will? Und was ist es eigentlich, was mich interessiert? Wo will ich hin?
Die Pandemie ist eine langandauernde Krise und wie bei jeder Krise – egal ob im Privaten oder in der Wirtschaft – gilt: Dinge kommen in Bewegung, verändern sich, stoßen neue Gedanken und Ideen an. Das, was für die Wirtschaft gilt, gilt auch für unser persönliches Leben. Krise bedeutet Veränderung.
Purpose: Was ist das eigentlich?
Vor einigen Jahren kam das Wort “Purpose” auf, das sich im Deutschen nur recht sperrig mit “Bestimmung” oder “Aufgabe” übersetzen lässt.
Es geht darum zu fragen: Was ist mein Lebensziel? Was ist mir wichtig? Und wie komme ich dahin.
Im Grunde geht es darum, Bedeutung für unser Leben zu schaffen. Als ich vor einigen Jahren im Silicon Valley gearbeitet habe und viel mit Investoren zu tun hatte, bin ich immer wieder auf dieses Thema gestoßen. Die Menschen, mit denen ich zu tun hatte, hatten das Problem “Geld” gelöst und waren nun auf der Suche nach etwas anderem: Bedeutung. Ich bin damals mit Investorinnen durch Second Hand Läden gezogen und habe erst nachher verstanden, um was es hier ging: Darum, Unikate zu finden, Kleidungsstücke mit Geschichte, Bedeutung.
Bedeutung in unserem Leben ist wichtig und eine Studie aus dem Jahr 2019 hat gezeigt, dass Menschen, die ihrem Leben eine Bedeutung geben können, weniger an Depressionen litten und positive Auswirkungen hatte.
Aber wie kommt man dahin? Wie findet man heraus, was man wirklich will?
Was sind die großen Werte-Treiber in meinem Leben?
Der erste Schritt besteht darin, zu überlegen, was die großen Werte-Treiber in meinem Leben sind. Welche Werte sind mir wichtig? Was treibt mich an?
Um dies herauszufinden, empfehle ich folgende Übung:
Nimm dir einen aktuellen Lebenslauf (zur Not auch dein LinkedIn Profil).
- Ergänze deinen Lebenslauf um private Erlebnisse, die wichtig für dich waren (Reisen, Auslandserfahrungen, Seminare, die du besucht hast)
- Zu jeder Station, schreibe 25 Gründe auf, warum du dich für diesen Job, dieses Praktikum etc. entschieden hast. 25 ist ziemlich viel, aber genau das ist die Idee, nämlich von den eigenen “Bewerbungsgespräch-Gründen” weg zu kommen. Im kreativen Schreiben dienen solche Methoden dazu, das eigene Denken zu erweitern und über die vordergründigen Dinge, die wir uns selbst erzählen hinwegzukommen. Und genau darum geht es hier.
- Suche die Gemeinsamkeiten. Welche Gründe finden sich bei mehreren Stationen. Schreibe diese auf.
- Mache eine Shortlist mit den 5 Gründen, die dir jetzt am wichtigsten sind.
Die Motivationen, die du so herausfindest, sind die Grundlage für Fragen wie: Was treibt mich eigentlich an?
Das Wissen daraus kannst du nutzen um herauszufinden: Was will ich in Zukunft machen? Wie kann ich meine Werte nutzen und umsetzen?
Was sind meine Ideen, Träume und Ziele für die Zukunft?
Als ich im Silicon Valley gearbeitet habe, habe ich das Prinzip “Story first!” kennengelernt. Bevor Unternehmen ein Produkt entwickeln, entwickeln sie zuerst die Story.
Genau dieses Prinzip können wir auch für uns selbst verwenden und für unsere eigene Story, um zu fragen: Welche Story, will ich mir in Zukunft erzählen? Wie soll mein Leben aussehen? Was will ich erreicht haben?
Unsere Werte sind dabei die Grundlage für unsere eigene Story-Entwicklung.
Bevor Amazon ein Produkt entwickelt, schreiben sie eine fiktive Pressemitteilung, in der es darum geht: Was würde in Zukunft über unser Produkt in der Zeitung stehen?
Genau das gleiche können wir auch für unser Leben machen: Wie würden wir unsere Story und die Ziele, die wir erreicht haben (privat oder beruflich) beschreiben?
Von Aristoteles und Elon Musk lernen
Das Problem bei der Frage “Was will ich eigentlich?” ist, dass wir uns oft selbst zu sehr im Weg stehen. Wir fragen uns nicht nur “Was will ich eigentlich?” sondern kombinieren diese Frage gedanklich direkt mit einer zweiten “Was ist realistisch?” oder “Was ist überhaupt möglich?” Damit limitieren wir uns sofort und schränken uns selbst in einer gedanklichen Flexibilität ein.
Hier können wir das sogenannte “First Principle Thinking” anwenden, ein Prinzip, das auf Aristoteles zurückgeht, aber das vor allem durch Elon Musk an Popularität erfahren hat. First Principle Thinking ist ein Denkansatz, bei dem komplexe Probleme neu gedacht werden und die Rahmenbedingungen völlig hinterfragt werden. Vereinfacht bedeutet das: Man hinterfragt alles, was man zu wissen glaubt und sucht nach neuen Lösungen für die einzelnen Bestandteile eines Problems. Wir verlassen uns also nicht, auf das Allgemeinwissen, sondern gehen jedem einzelnen Element selber und neu auf den Grund.
Dazu lohnt es sich zu hinterfragen:
- Aus welchen Bestandteilen besteht mein Problem?
- Gibt es neue Möglichkeiten, diese einzelnen Bestandteile anzugehen? Welche können das sein?
- Was muss ich tun, um diese Möglichkeiten zu finden?
“Wenn ich eine Stunde Zeit hätte, um ein Problem zu lösen, würde ich 55 Minuten damit verbringen, über das Problem nachzudenken und fünf Minuten über die Lösung.”
— Albert Einstein
Die Idee ist, die eigenen Limitationen und Herausforderungen zu hinterfragen und in einzelne Bestandteile zu zerlegen, um so zu neuen Lösungen zu kommen. Das Ergebnis ist eine sehr individuelle Perspektive und ein reflektierter Umgang mit den eigenen Herausforderungen.
Den eigenen Purpose zu finden ist ein Prozess
Den eigenen Purpose im Leben zu finden ist ein Prozess. Ein Prozess, der in ständiger Weiterentwicklung und Veränderungen unterworfen ist.
Neurowissenschaftler wie Christian Jarrett haben inzwischen herausgefunden, dass unsere Persönlichkeit nicht einmal geformt ist, sondern sich verändert und verändern lässt. Das bedeutet auch, dass sich unsere Ideen und Ziele im Leben verändern. Aber diese zu suchen und ihnen nachforschen zu können, ist eigentlich das, was unser Leben so spannend macht.
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Welche Story erzählen Sie 2022? Von ihrem Unternehmen, ihrem Team, von sich selbst?
Wir helfen Menschen und Unternehmen, ihren Purpose zu definieren. Sie interessieren sich für 1:1 Trainings, Workshops oder Keynotes zu dem Thema? Schreiben Sie uns unter: kontakt@rebeccavogels.com